Han Kang: "Griechischstunden"
Eine Frau und ein Mann treffen in einem Alt-Griechischkurs in Seoul aufeinander. Er, der Lehrer, der langsam sein Augenlicht verliert, fühlt sich nach seinem Leben in Deutschland in der Heimat nicht mehr zuhause. Sie, die als Kind jedes Wort in sich aufsog, hat ihre Sprache verloren. Beide sind Außenseiter und leben in sich gekehrt in ihrem jeweiligen Kokon. Diese Zurückgezogenheit wird bei der Frau auch sprachlich durch die Sie-Perspektive verstärkt, während der Mann als Ich-Erzähler auftritt. Wie sich die Sonderlinge dennoch langsam annähern, wird meisterhaft und trotz aller Nüchternheit mit großer sprachlicher Intensität geschildert. Einsamkeit und Trost, Hell und Dunkel, Sprache ohne Worte, Heimatlosigkeit und Verlust, Innen und Außen im übertragenen Sinn - alles ist miteinander verwoben. Gerade weil vieles unausgesprochen bleibt, wird die Kraft, Schönheit und Bedeutung von Sprache hervorgehoben. Ein weiteres literarisches Glanzstück der Literaturnobelpreisträgerin, das 13 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung nun wieder aufgelegt wurde.